Tee

Sonntag, Oktober 09, 2005

Deutscher Teeverband

Deutscher Teeverband"Frühjahr 2004 Deutsches Tee-Wissenschaftlicher Informationsdienst Tee e-Institut Krebsvorbeugende und krebshemmende Wirkung von Tee Dr. Barbara Bertram, Abteilung Molekulare Toxikologie, Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg Die Erkenntnis der amerikanischen Ärztin Elizabeth Blackwell (1821 – 1910) ”Vorbeugen ist besser als Heilen” ist hochaktuell, seit vorbeugende Maßnahmen verstärkt von der Medizin propagiert werden. Das Schlagwort für diese Maßnahmen lautet ”Prävention”. Unter Primärprävention versteht man die Ausschaltung von krebserzeugenden Agentien aus der Umwelt (bestes Beispiel: Asbest) oder das Vermeiden der Gefahrenquellen (bestes Beispiel: Rauchen). Unter Sekundärprävention oder Chemoprävention ist die Einnahme von natürlichen oder chemischen Substanzen zu verstehen, die den Prozess der Krebsentstehung blockieren, hemmen oder gar rückgängig machen können (1). Die Hemmung der Krebsentstehung, wie sie in zahlreichen wissenschaftlichen Arbeiten beschrieben ist, ist einer der gesundheitlichen Aspekte von Tee, der in der Öffentlichkeit am meisten Aufsehen erregt. Um die Situation für den Menschen abschätzen zu können, muss man epidemiologische Untersuchungen anstellen, d. h. möglichst viele kranke und gesunde Menschen zu ihren Lebens- bzw. Eß- und Trinkgewohnheiten befragen und die Antworten statistisch auswerten. Aber auch hier lauern Gefahren der Falschinterpretation von Ergebnissen, die bereits damit anfangen, dass manche der befragten Menschen nicht die Wahrheit über beispielsweise ihren Nicotin- oder Alkoholkonsum angeben. Welche Zubereitungen bzw. welche Inhaltsstoffe von grünem und schwarzem Tee werden für Krebshemmungsexperimente verwendet? Ganz grob kann unterschieden werden in: • Zubereitung wie zum menschlichen Verzehr • Wasserlösliche phenolische Fraktion • Wasserunlösliche nichtphenolische Fraktion • Reine Inhaltsstoffe Epicatechin (EC), Epigallocatechin (EGC), Epicatechingallat (ECG), Epigallocatechingallat. Diese Stoffe kommen in unterschiedlicher Menge sowohl in schwarzem als auch in grünem Tee vor. • Thearubigine und Theaflavine (nur in schwarzem Tee) Die meisten Experimente werden mit Zubereitungen von grünem und schwarzem Tee durchgeführt, wie sie dem menschlichen Verzehr entsprechen. Viele Experimentatoren verwenden auch die reinen Inhaltsstoffe EC, ECG, EGC und EGCG. Bei der dritten Art von Versuchen schließlich werden die verschiedenen Fraktionen eingesetzt. Die überwiegende Zahl an Experimenten ist mit grünem Tee durchgeführt worden, einfach aus dem Grund, weil die meisten Studien aus dem asiatischen Raum stammen, in Deutsches Tee-Institut Gotenstraße 21 ⋅ 20097 Hamburg ⋅ Tel.: 040 / 23 60 16-0 ⋅ Fax: 040 / 23 60 16-10 ⋅ E-Mail: tee@wga-hh.de Deutsches Tee-Wissenschaftlicher Informationsdienst Tee e-Institut dem ausschließlich grüner Tee getrunken wird. In den letzten Jahren werden jedoch auch zunehmend Versuche mit schwarzem Tee vorgenommen, der qualitativ die gleichen positiven Wirkungen hat. Die Zahl der Veröffentlichungen über die Hemmung mutagener oder kanzerogener Prozesse durch Tee geht in die Hunderte. An dieser Stelle können also nur beispielhaft einige Arbeiten zur Erklärung der krebshemmenden Wirkung von Tee und seinen Inhaltsstoffen herangezogen werden. Sie sind aus Platzgründen in Tabellenform wiedergegeben (Tabellen siehe Anhang). Aus Tabelle 1 geht hervor, dass Tee in Tierversuchen folgende krebshemmende Eigenschaften aufweist: er schützt vor experimentell ausgelösten Tumoren der Haut, der Lunge, der Brust, des Dünndarms, der Speiseröhre, der Bauchspeicheldrüse, des Darms und der Leber. Die Befunde im Menschen (Tab. 2) sind nicht so eindeutig und werden kontrovers diskutiert (13-16). Tee kann mit hoher Wahrscheinlichkeit zu den chemopräventiven, also den krebsvorbeugenden Stoffen gerechnet werden. So vielfältig wie die präventiven Effekte von Tee sind auch die zugrundeliegenden Mechanismen. Folgende Mechanismen werden erforscht(18 - 21): • Antioxidative Wirkung • Hemmung kanzerogenaktivierender Enzyme • Abfangen reaktiver Zwischenstufen kanzerogener Substanzen • Hemmung der Nitrosierung • Hemmung proteolytischer (eiweißabbauender) Enzyme Bei entzündlichen Prozessen spielen reaktive Sauerstoffspezies (ROS aus dem engl. reactive oxygen species) eine entscheidende Rolle. ROS können Veränderungen in der Erbsubstanz auslösen, die unter bestimmten Umständen zur Umwandlung einer gesunden Zelle in eine Tumorzelle führen. Einige Inhaltsstoffe von Tee wirken antioxidativ, d. h. sie können diese ROS in effektiver Weise ”entschärfen” (19). Viele Substanzen sind erst nach einer Umwandlung durch bestimmte Enzyme in der Lage, mutagene oder kanzerogene Veränderungen in der Zelle auszulösen. Diese Enzyme sind sowohl durch schwarzen als auch durch grünen Tee hemmbar (Übersicht in 18). Im Verlauf der enzymatischen Aktivierung entstehen reaktionsfreudige Zwischenstufen, die sogenannten proximalen und die ultimalen Kanzerogene. Diese wiederum können von Teeinhaltsstoffen abgefangen werden, bevor sie mit bestimmten Stellen in der Zelle ragieren und so den kanzerogenen Prozess in Gang setzen können. Nitrosamine sind krebserzeugende chemische Verbindungen, die z. B. in Tabak vorkommen. Sie können aber auch im Magen des Menschen bei der Reaktion von z. B. Nitrit aus Pökelsalz und Aminoverbindungen entstehen. Durch Trinken von circa 3 – 5 g Tee / Tag kann diese Reaktion verhindert werden (20). Krebsmetastasen entstehen dadurch, dass ein Tumor in umgebendes Gewebe oder in Blutkapillaren eindringt. Krebszellen können so über die Blutbahn in andere Regionen des Körpers gelangen, wo sie zur Bildung von Tochtergeschwulsten führen. Auch hier spielen Enzyme wieder eine wichtige Rolle und zwar die eiweißabbauenden Enzyme. Diese Deutsches Tee-Institut Gotenstraße 21 ⋅ 20097 Hamburg ⋅ Tel.: 040 / 23 60 16-0 ⋅ Fax: 040 / 23 60 16-10 ⋅ E-Mail: tee@wga-hh.de Deutsches Tee-Wissenschaftlicher Informationsdienst Tee e-Institut ermöglichen das Eindringen in das Gewebe. Urokinase ist ein solches Enzym. Jankun und Mitarbeiter konnten zeigen, dass Urokinase durch EGCG entscheidend gehemmt wird (21). Zusammenfassung Im Tierversuch ist in vielfältigen Experimenten belegt worden, dass Tee, und zwar grüner und schwarzer, vor der Entstehung von Tumoren schützen kann. Bei dem Menschen ist eine so eindeutige Aussage wie im Tierversuch nicht möglich, da epidemiologische Untersuchungen zwar oft eine Schutzwirkung von Tee nahe legen, aber endgültige Beweise noch ausstehen. Bei der Interpretation positiver Befunde muss man darüber hinaus bedenken, dass Teetrinker oft Menschen sind, die weniger rauchen und eine allgemein gesündere Lebensweise befolgen als Nicht-Teetrinker. Das heißt, sie ernähren sich bewusster, essen mehr Obst und Gemüse. Diese Lebensweise geht natürlich auch in die Ergebnisse der statistischen Erhebungen ein. Qualitativ haben beide Teearten vergleichbare Wirkungen. Da EGCG, der Stoff, dem die stärksten Schutzwirkungen zugeschrieben werden, jedoch im Grüntee fast 5 x mehr vorhanden ist als im Schwarztee, kommt dem grünen Tee wahrscheinlich eine größere Schutzwirkung zu. Das Bestechende am grünen Tee ist seine leichte Verfügbarkeit: überall kann er käuflich erworben werden, selbst beim Hotelfrühstück ist er mittlerweile anzutreffen. Das Bewusstsein um seine positiven Eigenschaften (neben seiner krebshemmenden Wirkung soll er ja auch antibakteriell, antioxidativ, cholesterinsenkend und vieles mehr sein), gibt dem Teetrinker / der Teetrinkerin das gute Gefühl, etwas für die Gesundheit zu tun. Auf keinen Fall darf man das Teetrinken jedoch als Ausgleich für Ernährungssünden betrachten, d. h. sich der Illusion hingeben, dass man nur genug Tee trinken müsse, um die schädlichen Effekte des Rauchens, des Alkoholabusus, der unausgewogenen oder zu fetten Ernährung und was dergleichen mehr ist, ausgleichen zu können. Deutsches Tee-Institut Gotenstraße 21 ⋅ 20097 Hamburg ⋅ Tel.: 040 / 23 60 16-0 ⋅ Fax: 040 / 23 60 16-10 ⋅ E-Mail: tee@wga-hh.de Deutsches Tee-Wissenschaftlicher Informationsdienst Tee e-Institut Literatur 1) Bartsch, H., Frank, N., Bertram, B. In: ”Hämatologie, Onkologie”. Ostendorf, Seeber (Hrsg.), Urban & Schwarzenberg Verlag; München 1997 2) Wang, Z. Y., Khan, W. A., Bickers, D. R., Mukhtar, H. Carcinogenesis 10: 411 – 5, 1989 3) Hara, Y: Prophylactic functions of tea polyphenols. In: ACS Symposium Series 547, 34 - 50. Ho, C. T., Osawa, T., Huang, M. T., Rosen, R. T. (eds.) 1994. 4) Wang, Z. Y., Agarwal, R., Khan, W. A., Mukhtar, H. Carcinogenesis 13: 1491 – 4, 1992 5) Xu, Y., Ho, S. G., Amin, S. G., Han, C., Chung, F. L Cancer Res. 52: 3875 – 9,1992 6) Yang, G.-Y., Liu, Z., Seril, D. N., Liao, J., Ding, W., Kim, S., Bondoc, F., Yang, C. S. Carcinogenesis 18: 2361 – 5, 1997 7) Fujita, Y., Yamane, T., Tanaka, M., Kuwata, K., Okuzumi, J., Takahashi, T., Fujiki, H., Yoshida, T., Okuda, T. Jpn. J. Cancer Res. (Gann) 80: 503 – 5, 1989 8) Chen, J.: Prev. Med. 21: 385 – 91, 1992 9) Hiura, A., Tsutsumi, M., Satake, K. Pancreas 15: 272 – 7, 1997 10) Yamane, T., Hagiwara, N., Tateishi, M., Akaci, S., et al.: Jpn. J. Cancer Res. 82: 1336 – 40, 1991 11) Weisburger, J. H., Rivenson, A., Reinhardt, J., Aliaga, C., Braley, J., Pittman, B., Zang, E. Carcinogensis 19, 229 – 32, 1998 12) Chen, J., Yan, R. Q., Qin, G. Z. et al. Chin. J. Cancer 9: 109 – 11, 1987 13) Ji, B.-T., Chow, W.-H., Hsing, A., W., McLaughlin, J. K., Dai, Q., Gao, Y., T., Blot, W., J., Fraumeni, J., F. Int. J. Cancer 70: 255 – 8, 1997 14) Gao, Y., T., .McLaughlin, J. K., Blot, W., Ji, B. T., Dai, Q., Fraumeni, J. J. Nat. Cancer Inst. 86: 855 – 8, 1994 15) Yu, G. P., Hsieh, C. C., Wang, L. Y., Li, X. L., Jin, T. H. Cancer Causes Control 6: 532 – 8, 1995 16) Kohlmeier, L., Weterings, K. G. C., Steck, S., Kok, F. J. Nutr. Cancer 27: 1 – 13, 1997 17) Goldbohm, R. A., Hertog, M. G. L., Brants, H. A. M., v. Poppel, G., v. d. Brandt, P. A.. J. Natl. Cancer Inst. 88: 93 – 100, 1996 18) Scholz, E., Bertram, B. Z. Phytotherapie 17: 235 – 50, 1995 19) He, Y., Shahidi, F., J. Agric. Food Chem. 45: 4262 – 6, 1997 20) Fujiki, H., Okuda, T., Drugs Fut. 17: 462 – 4, 1992 21) Jankun, J., Selman, S. H., Swiercz, R., Nature 387: 561, 1997 Deutsches Tee-Institut Gotenstraße 21 ⋅ 20097 Hamburg ⋅ Tel.: 040 / 23 60 16-0 ⋅ Fax: 040 / 23 60 16-10 ⋅ E-Mail: tee@wga-hh.de ORGANISMUS ORGAN KANZEROGEN ANTIKANZEROGEN SCHUTZEFFEKT LITERATUR M Haut Polyzykl. Kohlen- Extrakt aus gr. Tee, 50% weniger Wang 1989 wasserstoff Hautpinselung Tumoren M Haut UVB-Licht EGCG, Hautpinslg.:􀃆 30-50% Hemmung Gensler 1996 EGCG, Trinkw.: 􀃆 Kein Effekt M Brust Spontantumoren, Catechinkomplex starke Hemmung Hara 1992 im Futter von Krebsvor- Stufen M Vormagen Nitrosamin Extrakt von gr. Tee VM: 80% weniger Wang 1992 und Lunge im Trinkwasser L: 55% weniger Tumoren M Vormagen NNK EGCG im VM: keine Tum. Xu 1992 und Lunge Trinkwasser L: 70% M Lunge NNK Theaflavin signifikant Yang 1997 im Trinkwasser weniger Tum. M Dünndarm Nitrosamin EGCG 63-75% Fujita 1989 im Trinkwasser R Speiseröhre Nitrosamin Extrakt aus gr. Tee 40 – 60% Chen 1992 im Trinkwasser H Bauch Nitrosamin Extrakt aus gr. Tee signifikant Hiura 1997 speicheldrüse im Trinkwasser weniger Tum. Tabelle 1: Hemmung der chemisch oder durch UV-Licht ausgelösten Krebsentstehung durch Tee oder seine Inhaltsstoffe ORGANISMUS ORGAN KANZEROGEN ANTIKANZEROGEN SCHUTZEFFEKT LITERATUR R Darm Azoxymethan Polyphenole 53-60% Yamane 1982 aus gr. Tee im Trinkwasser R Darm Azoxymethan Extrakt aus kein Einfluß Weisburger 1998 Schwarzem Tee im Trinkwasser R Leber Aflatoxin B1 Teeblätter im signifikante Chen 1987 Futter Hemmung von Krebsvorstufen Abkürzungen, Kommentare: M = Maus, R = Ratte, H = Hamster, NNK = 4-(Methylnitrosamino)-1-(3-Pyridyl)-1-butanon. Es handelt sich dabei um einen Inhaltsstoff von Tabak, der in hohem Maß zu dessen Kanzerogenität beiträgt. Vormagen: Nur Nagetiere besitzen einen Vormagen. Einige chemische Kanzerogene erzeugen Tumoren sowohl in Vormagen als auch in Lunge. Tabelle 1, Fortsetzung ORGANISMUS ORGAN KANZEROGEN ANTIKANZEROGEN SCHUTZEFFEKT LITERATUR Mensch Darm ? Schwarzer Tee 0 Goldbohm 1996 “The Nether- Brust ? Relatives lands Cohort Risiko 1.3 Study” mit Magen ? signifikant 58279 Männern weniger 62573 Frauen Lunge ? signifikant weniger Mensch Grüner Tee Odds Ratio& bei Ji 1997 Shanghai Männern: Männer u. Frauen Colon: 0.82 931 Colonkrebs ..Rectum: 0.72 884 Rectumkrebs Pankreas: 0.63 451 Pankreas Frauen: 1551 Kontrollen Colon: 0.67 ..Rectum: 0.57 Pankreas: 0.53 Abkürzungen, Kommentare: &Odds Ratio: Hierbei handelt es sich um eine statistisch ermittelte Zahl, die alterskorrigiert bzw. Lebensweise- korrigiert (u. a. Rauchen) das Risiko angibt, an einem bestimmten Leiden zu erkranken. Tabelle 2: Möglicher Zusammenhang zwischen Krebsentstehung beim Menschen und dem Verzehr von grünem und schwarzem Tee"